Mehrwegsystem für die Zweibrücker Take-Away-Gastronomie

2023-01-05 16:04:30 By : Ms. Lily Liu

Zweibrücken Dank des Engagements der Bürgerinitiative „ZW vernetzt“ übernimmt Zweibrücken erneut eine Vorreiterrolle in der Region: Einem Team rund um Tanja Neumann ist mit Unterstützung des Stadtmarketings gelungen, ein Mehrwegsystem für die Take-Away-Gastronomie zu installieren. Mitte April startet die Nachhaltigkeits-Offensive mit sechs Teilnehmern.

Die Augen von Tanja Neumann strahlen. Stolz präsentiert die Qualitätsmanagerin im Gesundheitswesen das neue Mehrweggeschirr, in dem ab Mitte April die ersten Gastronomen in Zweibrücken und der Region ihre Speisen über die Gasse verkaufen werden. Zahllose Stunden Aufwand, jede Menge Herzblut und unermüdliche Hartnäckigkeit haben schließlich dazu geführt, dass der Auftakt mit sechs Teilnehmern jetzt im Frühjahr realisiert werden kann.

Den Ausschlag für das enorme Engagement gab das Essen aus der Gastronomie, das sich die fünfköpfige Familie einmal gönnte. „Es war lecker, wir hätten es noch viel mehr genossen – ohne den gigantischen Müllberg hinterher“, erinnert sich die 43-jährige promovierte Biologin.

Die gesamte Familie spart und ersetzt Plastik, wo es nur geht, kauft umweltbewusst ein und ist mittlerweile hoch engagiert bei der Bürgerinitiative „ZW vernetzt“, einer Plattform für Natur- und Klimaschutz-Initiativen in Zweibrücken. So wusste Tanja Neumann auch, dass sich viele Menschen mit zwei Herzen in der Brust – einerseits die durch den erneuten Lockdown notleidende Gastronomie zu unterstützen und andererseits die Umwelt schützen – in einer Zwickmühle fühlen. „Gibt es denn da kein Mehrweg?“ Mit dieser Frage begann Tanja Neumann zu recherchieren. Und staunte: Tatsächlich gibt es bereits sechs vorwiegend junge Unternehmen, die eine Mehrweglösung für Take-Away-Food, also Essen zum Mitnehmen, anbieten.

Sie erstellte eine Tabelle, verglich unter anderem Handhabung, Behältergrößen, Optik, Abrechnungsmodi und Kosten. „Alleine hätte ich das gar nicht stemmen können, doch ‚ZW vernetzt’ war sofort begeistert von dem Thema und wir haben dann im Team gewirkt, mit Karin Grgic, Kerstin Pick und Ina Stenger“, freut sie sich.

Bei Petra Stricker rannten sie offene Türen ein. Die City-Managerin übernahm die Schnittstelle zur Stadt und schrieb offiziell die von der Initiative zusammengestellten gastronomischen Betriebe, Bäckereien, Metzgereien mit Mittagstisch und Partyservice an.

Dann begann die größte Herausforderung: Mitmacher gewinnen. Das Team rief 70 der insgesamt über 100 Betriebe an. Es erlebte die gesamte Reaktionsbandbreite – von genervtem Desinteresse bis hin zu freudiger Aufgeschlossenheit.

Das Quartett besuchte die Interessenten und freute sich über deren einhellige Auswahl für das Mehrweg-System der Firma Vytal. Optisch ansprechende Gefäße unterschiedlicher Größe mit sicheren Verschlüssen auch für Suppen und Soßen, eine zweigliedrige Menüschale und ein doppelwandiger Thermobecher, der keine Finger verbrennt, werden über ein App-System einfach gescannt. Etwas, das der Gastronom selbst bei Hochbetrieb leisten kann. Wer keine kostenfreie App auf sein Handy ziehen möchte, erhält eine Karte mit dem QR-Code. „Das kostet den Gastronomen gar kein Geld, nur Karten-Kunden eine einmalige, vergleichsweise günstige, Pfandgebühr von zehn Euro und eine umständlich Abrechnung entfällt“, zählt Tanja Neumann weitere Vorteile auf.

Die Gefäße können bei jedem beliebigen Teilnehmer zurückgegeben werden, selbst deutschlandweit. Geschieht dies nicht binnen zwei Wochen, mahnt Vytal die Kunden an und stellt notfalls das Geschirr in Rechnung. Der Gastronom bleibt unbehelligt.

Mehrarbeit entsteht nicht einmal bei der Nachversorgung mit Geschirr, denn auch hierfür sorgt Vytal. „Das größte Problem für manche war die Gefäßgröße, je nach Betrieb“, erläutert Tanja Neumann. Sie hat bereits weitere Teilnehmer in der Pipeline, die die ersten Erfahrung abwarten wollen. Sehr viel Zeit haben sie allerdings nicht, denn laut Gesetz dürfen bis Juli 2021 keine Plastik- und Styroporverpackungen mehr benutzt werden. „Billiger als mit diesem Mehrweg-Geschirr geht es gar nicht“, weiß Tanja Neumann. Denn selbst für die Einstiegs-Teilnahmegebühr der Betriebe hat sie per Paypal-Money-Pool Sponsoren gefunden, nachdem sie durch ihr ehrenamtliches Engagement die Kosten bei Vytal bereits auf 50 Euro pro Teilnehmer halbieren konnte.

„Es ist fast wie ein Halbtags-Job“, gibt die aktive Umweltschützerin zu. „Das geht auch nur im Team und mit solcher Unterstützung wie von Petra Stricker.“ Sie freut sich über das Wohlwollen der Stadtverwaltung, denn zurücklehnen will sie sich jetzt nicht. „Erstens haben wir noch zahlreiche Betriebe, die ohnehin eine Lösung finden müssen bis Juli. Zweitens ist es so sehr mein ‚Baby’, dass ich das auch gerne weiterhin aktiv begleite.“

Zweibrücken ist übrigens einmal mehr Pionier-Stadt, denn ein solches Mehrweg-System gibt es bislang weder in Pirmasens, Homburg, Blieskastel, Saarbrücken oder Kaiserslautern. Weitere Infos findet die Gastronomie sowie interessierte Bürger/innen auf der Website von „ZW vernetzt“:

www.zw-vernetzt.de/artikel/ein-weg-aus-dem-einweg-dilemma.

Das Mehrweg-Team um Tanja Neumann freut sich über eine Kontaktaufnahme unter Telefon (0176) 25 51 21 18 oder per Mail unter tanja.neumann@zw-vernetzt.de.

Teilnehmer am Mehrwegsystem sind : Suppenkiste (Samstag auf dem Markt), der World-Food-Trip-Bauwagen in der Rosengartenstraße, Victor’s Genussladen mit Griechischer Feinkost in der Fußgängerzone, das Mehrgenerationenhaus des DRK, Restaurant „Zum Bären“ am Fasanerieberg, Landgasthof „Zum Hannes“ in Niederhausen.