Zwei Lippetaler Bäckereien bieten Kaffee im Pfandbecher an

2023-01-05 16:04:37 By : Ms. Clara Lin

In den Niederlanden wäre das Ding sicherlich der Renner – rein der Farbe willen. Obwohl, laut Hersteller ist er ja nicht orange, sondern strandgelb, der „Meer-Wert-Becher“, ein Wortspiel in Anspielung auf Mehrwert und die im Plastikmüll versinkenden Meere. Die Kundschaft der Bäckerei Goldstein dagegen hat den Mehrwert noch nicht recht erkannt: „Wir haben sie seit 14 Tagen im Geschäft und noch keinen einzigen verkauft“, bedauert Susanne Goldstein.

Lippborg - Das Café Goldstein und die Bäckerei Lippling gehören zu den ersten der 30 Betrieben der Bäcker- und Konditoren-Innung Soest-Lippstadt, die das System eingeführt haben. Der Becher soll den Verbrauch an Einwegbechern vermindern. Die sind meist nicht recycelbar, weil die Pappe beschichtet ist. Dennoch ließen sich zwei Drittel der Kunden ihr Heißgetränk in jene Gefäße füllen, die wenige Minuten später nur noch Plastikmüll sind. Die Menge dieser Becher schätzte das Umweltministerium zuletzt auf etwa drei Milliarden Becher pro Jahr.

Nun also hat der Kunde aber auch die Möglichkeit, ein Getränk zu kaufen und 1 Euro Pfand für den Becher zu zahlen, entweder mit Einwegdeckel oder man kauft für einen weiteren Euro einen dauerhaften Kautschuk-Deckel dazu. „Dieser gehört dann Ihnen und Sie können ihn zu Hause reinigen und wiederverwenden“, heißt es auf der Homepage des Herstellers, ein Unternehmen aus Velbert, das Bäcker und Konditoren mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Süß- und Handelswaren, Geräten, Ladenbau und Verpackung versorgt. „Danach spülen Sie den Becher kalt aus und bringen ihn beim nächsten Mal wieder mit und geben ihn zurück, ohne Deckel. Bei der nächsten Bestellung erhalten Sie im Tausch einen neuen Becher mit Ihrem Getränk – oder Sie erhalten Ihr Pfand zurück.“

Nur bekleben und beschriften solle man sie nicht, da sie dann nicht mehr zurückgegeben werden könnten. Sie bestehe zu 100 Prozent aus recyclingfähigem Material, seien lebensmittelecht, geruchs- sowie geschmacksneutral und ließen sich stapeln. Ein einzelner Becher könne mindestens 400 Spülgänge in der Maschine mitmachen. Seit der Einführung machten NRW-weit über 300 Filialen mit, bundesweit seien im ersten Jahr 10 800 Exemplare ausgegeben worden. Und auch Innungs-Obermeister Detlef Kunkel wird in einer Pressemitteilung der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe zitiert mit den Worten: „Neben anderen Mehrweg-Systemen am Markt ist der Meer-Wert-Becher die Lösung unserer Bäcker-Branche.“

In der Lippetaler Realität scheitere das aber bislang noch ganz schlicht und einfach am „inneren Schweinehund“, hat Susanne Goldstein feststellen müssen: „Mittlerweile besitzt ja jeder mindestens einen Mehrwegbecher, vielleicht sogar richtig gute doppelwandige aus Edelstahl, die das Getränk richtig lange heiß halten. Aber man vergisst eben immer, sie mitzunehmen, hat sie zuhause oder im Auto gelassen. Und dann will man nicht noch einen kaufen. Ich sage dann immer: Bringen Sie Ihren Becher doch mit, dann bleibt der Kaffee auch länger heiß. Dann sagen die Kunden mir: Ach was, nicht nötig, den habe ich ja eh ganz schnell ausgetrunken.“

Immerhin, man kann diese Becher bei jeder teilnehmenden Bäckerei wieder zurückgeben und auch sein Pfand zurückbekommen, sodass die Dinger sich nicht daheim ansammeln. Wobei das aber die Bäckereien vor ein anderes Problem stelle, meint Susanne Goldstein: „Wie rechne ich das ab, wenn da jemand gleich mehrere Becher auf einmal zurückgeben will? Dazu muss ich wohl eine eigene Kasse einrichten.“